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ROOMING-IN II
Nichts ist beunruhigender als die stetige Bewegung dessen, was unbeweglich scheint.
(Gilles Deleuze)
Das Schwerpunktthema der beiden Ausstellungen zum zehnjährigen Jubiläum des Fotoforums Braunau ist die Auseinandersetzung mit Raum. Raum ist neben Zeit ein grundlegender Faktor unserer Wahrnehmung und Realitätseinschätzung. Der Titel Rooming-In ist zu verstehen als ein „Eindringen“, ein intensives sich Einlassen auf Raum. Die KünstlerInnen transformieren Räume und arbeiten dabei mit Mitteln der Verfremdung wie De- und Neukonstruktion, Fragmentierung, Ding-Arrangement und Bild-Entleerung bzw. verwenden spezielle fotografische/filmische Perspektiven und Ausschnitte. Dinge „geraten in Bewegung“, bekommen ein raumprägendes Eigenleben. Durch „instabile“, „irrationale“ Faktoren entstehen rätselhafte, surreale, absurde, ironische oder auch poetische Bildkonstellationen. „Normale“ Raumverhältnisse wie architektonische Regeln, physikalische Gesetze oder festgelegte Nutzungsbestimmungen, die üblicherweise für Ordnung und Orientierung sorgen, werden gestört und dadurch neue Vorstellungen von Raum, Wahrnehmung und Wirklichkeit eröffnet.
Catharina Freuis offeriert uns menschenleere, sparsam möblierte und farblich reduzierte Räume, die meist eine architektonische Ordnung aufweisen, aber durch erhebliche Eingriffe in einen chaotischen, manchmal bedrohlichen, surrealen Zustand versetzt werden. Ihre Fotografien basieren auf frei erfundenen Miniatur-Raummodellen, die sie so präzise anfertigt, dass sie täuschend echt wirken: eine Auseinandersetzung mit Wahrheit und Fiktion – auch in Bezug auf die eine realistische Situation illusionierende Fotografie. Bei den in die Modellräume eingefügten, verfremdenden und meist emotionsgeladenen Elementen handelt es sich zum Bespiel um auf verschiedene Weise ungewöhnlich angeordnete Geweihe in den Fotografien von Stube oder um Haare, die den Raum von Bild zu Bild immer stärker überwuchern (in der Serie Sif). Aus rationalen, konventionellen werden poetische Räume. Poesie ermöglicht eine erweiterte Wirklichkeitsauffassung, Offenheit und Fantasie. Durch die Handlungen der Künstlerin gerät der Raum „in Bewegung“, verliert die Starrheit seiner Konstruktion, wird „lebendig“ und somit offen für neue Wahrnehmungen und Definitionen. Einen anderen Weg beschreitet sie in Arbeiten wie Arrangements oder Darbietung, in denen die Umgebung von inszenierten Möbeln nur schwarzer, unstrukturierter Leere besteht – „Un“-Räume, die auf andere Weise Fantasie und Assoziationskraft herausfordern.
Dr. Petra Noll for the exhibition Rooming-In II, Fotoforum Braunau, september 2014
www.kunstnoll.de
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